„Jetzt reichts doch auch mal mit dem Stillen": Wie unser Umfeld unsere Babys zu Flaschenkindern macht.
- Jessica Weiß
- 29. Dez. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Direkt nach der Geburt stillen nahezu alle Mütter und das ist auch gesellschaftlich noch sehr akzeptiert. Doch schon wenige Wochen und Monate später (und vor allen Dingen, wenn es Probleme gibt) kriegt man regelmäßig das Abstillen ans Herz gelegt. Argumente gibt es dafür dann Vielfältige!
Was ich nicht schon alles gehört habe! Beim ersten Kind hatte ich zu viel Milch (Wo sollen wir denn hin mit der ganzen Milch? So viel können wir gar nicht einfrieren! Das ständige Abpumpen, damit es keinen Milchstau gibt, nervt doch...). Beim zweiten Kind hatte ich dann zu wenig Milch (Die Milch reicht doch eh nicht, um sie zu ernähren. Sie ist doch glücklich mit der Flasche. Sie trinkt doch auch Pre-Nahrung. Für die paar Milliliter lohnt sich das Stillen und Pumpen doch gar nicht).
Etwa 5-7 Mal pro Woche konnte ich mir derartige Kommentare anhören. Dazu kamen die Bemerkungen des restlichen Umfeldes. Das baut ganz schön Druck auf, dem man irgendwann nicht mehr gewachsen ist.
Beim ersten Kind habe ich aufgegeben nach 5 Monaten....auf Drängen meines Mannes. Beim zweiten Kind habe ich dann auch nach 5 Monaten mein Kind nachts "hergegeben", sodass ich sie nicht mehr stillen konnte. Dem Familienfrieden zuliebe, denn der Große wurde morgens meistens wach, wenn ich das Baby dem Papa übergeben habe, um zur Arbeit zu gehen. Ich versuchte mich damit abzufinden, dass ich nun abstillen sollte...doch ich konnte es nicht. Diese unfassbar schöne Verbindung zwischen Baby und Mama, die beim Stillen entsteht, wollte ich einfach nicht aufgeben. Nicht schon wieder früher als ich wirklich wollte. So selbstbestimmt meine Geburt und Schwangerschaft gewesen waren, so gelenkt war dann meine Stillzeit gewesen. Und das realisierte ich und es ärgerte mich. Ich beschloss also, doch weiter zu stillen.
Da ich aber das Stillen dann kurzzeitig gelassen hatte, reduzierte sich meine Milchmenge natürlich noch mehr. Diese wieder anzukurbeln erwies sich als sehr lange und anstrengende Aufgabe. Denn mit zwei Kindern (und Vollzeitjob) hat man einfach unglaublich viel zu tun und Power-Pumpen usw. kostet einfach super viel Zeit. Erst nach Wochen kam ich einigermaßen auf meine alte Milchmenge zurück.
Bestimmt handelt es sich bei mir um ein Extrembeispiel mit einem sehr störrischen Partner und zugegebenermaßen auch mit ungewöhnlichen Lebensumständen (Wie viele Frauen gehen schon direkt nach der Geburt wieder Vollzeit arbeiten, während der Mann mit Elternzeit zu Hause bleibt?) Dennoch...Die Tatsache, dass in Deutschland der Großteil der Frauen nach 7 Monaten gar nicht mehr stillen zeigt: Dieses Problem habe nicht nur ich! Viele Leute sagen: Naja...jetzt hat das Kind ja alle wichtigen Abwehrstoffe bekommen. Jetzt kannst du auch aufhören zu stillen. Die Babys würden besser schlafen und überhaupt ist es natürlich sehr angenehm das Kind auch mal aus der Hand geben zu können und sich mal nicht zu kümmern. Tatsächlich ein gutes Argument. Aber egal wie gut auch argumentiert wird: Letztendlich sollte niemand einer frisch gebackenen Mutter in diese Sache reinquatschen. Diese Zeit ist doch ohnehin so kurz, geht so schnell vorbei. Warum sollte man sich diese wunderbare Verbindung und diese besondere Zeit nehmen lassen, wenn man es doch selbst gar nicht möchte? Nur weil das Umfeld meint, es könnte jetzt einmal reichen? Das ist sicher kein Grund. Und auch wenn es schwer ist gegen den Strom zu schwimmen: Am Ende lohnt es sich, es so gemacht zu haben, wie es sich richtig anfühlt. Denn die Zeit kommt nie wieder zurück!

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